Vom Mini-Hahnenkamm endlich zur großen Streif
Jährlich locken die Hahnenkamm-Rennen Fans aus aller Welt nach Kitzbühel. Jeder einzelne Zuschauer hat dabei eine besondere Beziehung zum legendären Ski-Klassiker. Wie speziell diese sein kann, zeigt die Geschichte von Dana Mackenzie.
Der 61-Jährige US-Amerikaner ist Streif-verliebt – anders lässt es sich nicht formulieren. Die österreich-amerikanische Liebesbeziehung startet bereits in den 1960ern, weit entfernt vom Hahnenkamm. Genauer gesagt ist der Schauplatz San Valley im Bundesstaat Idaho. „Ich war ein gewöhnlicher siebenjähriger Junge in einem Skiverein, als ein Mann aus Österreich kam und unser Team trainieren sollte“, sagt Mackenzie. Jener Mann ist kein geringerer als Christian Pravda, damals ein erfolgreicher Skirennfahrer des Kitzbüheler Ski Clubs, der nicht weniger als zwei Olympia und vier WM-Medaillen in seiner Karriere gewann und bei seinen Heimatrennen gleich acht Mal Hahnenkamm-Sieger wurde. „Er wollte mit uns jungen Skifahrern arbeiten und so war auch ich unter den Glücklichen“, sagt Mackenzie. Pravda nahm also den jungen Amerikaner unter seine Fittiche: „Er hat uns gezeigt wie Abfahren geht. Es war eine unglaubliche Erfahrung“.
Mit professionellem Skifahren will es zwar anschließend bei Mackenzie nicht klappen, dafür entfacht sein Coach in ihm die Leidenschaft für die Streif. Er erzählt dem jungen Nachwuchsfahrer von seinen Siegen, der anspruchsvollen Strecke und den legendären Streckenpassagen. Mackenzie ist sofort begeistert von dem Skiklassiker. Später lernt Mackenzie seine sportfanatische Frau kennen, gemeinsam mit ihr verfolgt er jedes Jahr aufs Neue die Hahnenkamm-Rennen.
Und auch nach seinem Umzug nach Jackson im Bundesstaat Wyoming bleibt die Streif ein wichtiger Bestandteil in Mackenzies Leben:
„Wir veranstalten dort seit 1986 das Mini-Hahnenkamm-Rennen“.
Es handelt sich um ein Skirennen, bei dem der Kursverlauf der Streif nachempfunden ist. „Alle Passagen heißen wie auf der Originalstrecke: Steilhang, Kompression und so weiter“, erzählt Mackenzie. Die Piste hat ein Gesamtgefälle von 470 Metern, die Fahrzeit beträgt knapp eine Minute. „Es ist das steilste Gefälle in Nordamerika, obwohl es eigentlich nur ein kleiner Hügel ist“, lacht er. Jährlich werden dort Anfang Februar der King und die Queen of the Hill ermittelt.
Mit der Streif kann das natürlich nicht ganz mithalten: „Die Originalstrecke ist einfach intensiv. Man muss alles Geben und komplettes Risiko gehen“, schwärmt Mackenzie mit glänzenden Augen. Wenn die Athleten dann die Streif runterfahren, dann fühlt man bei ihnen diese Power. Kurioserweise konnte der US-Amerikaner diese Gefühle bisher nur über das Fernsehen wahrnehmen – Mackenzie ist erst heuer zum ersten Mal bei den Hahnenkamm-Rennen dabei. „Wir waren noch nie in Europa, weil wir uns es bisher nicht leisten konnten und unsere drei Kinder im Vordergrund standen“, sagt der 61-Jährige.
Das ist nun nicht mehr der Fall: Über die Freeride-Gruppe Jackson Hole Airforce und seinen Freund Kyle Watson konnten sich Mackenzie und seine Frau einer jährlich organisierten Reise zu den Skirennen in Kitzbühel und Schladming nun anschließen. Am Tag der Abfahrt ist die Reisegruppe am Hahnenkamm angekommen.
„Ich bin 61 Jahre alt und ich fühle mich wie ein kleines Kind. Ich bin so glücklich, dass ich den weltbesten Skifahrer nun endlich am Hahnenkamm zuschauen kann“
... freut er sich. Nach der Abfahrt am Freitag und dem Slalom am Samstag folgt heute noch der Besuch beim Super-G. In einer privaten Feier mit dem US-amerikanischen Skiteam durfte der gelernte Maurer zudem gestern die 79. Hahnenkamm-Rennen gebührend feiern. „Wir sind einfach dankbar, dass wir hier sind“, berichtet der US-Amerikaner über die Gefühle von sich und seiner Frau. Dana Mackenzie und die Hahnenkamm-Rennen – das ist einfach besondere Beziehung.
Foto © K.S.C.