Ein Ruhepol mit Überblick
Joachim Thünauer ist Infrastruktur-Chef der Hahnenkamm-Rennen. Eine Aufgabe, die so fordernd ist, wie die Streif. Allerdings dauert sie länger als zwei Minuten. Wir haben dem 38-Jährigen Kirchberger in seinem Headquarter direkt im Ziel über die Schulter geblickt.
Wer Joachim Thünauer nach seiner Aufgabe bei den Hahnenkamm-Rennen fragt, sollte Zeit mitbringen: „Alles außerhalb der Rennstrecke, vom Start bis ins Ziel, fällt in meinen Bereich. Dazu zählen u. a. alle Aufbauten wie Tribünen, TV-Türme oder Vidiwalls, die WC-Anlagen, Parkplätze, Beschilderungen, Abzäunungen oder auch die Positionierung von Securities“, gibt der Kirchberger einen kleinen Einblick in seine Welt als Chef der Infrastruktur, in der er auf den legendären Mandi Goller nachgefolgt ist.
Infrastruktur klingt für viele nach Heben, Schieben und Montieren – bei Joachim Thünauer heißt es aber viel mehr Koordination. Die große Herausforderung sei das Zeitmanagement: „Es gilt bereits Monate im Vorfeld der Rennen einen Zeitplan zu entwickeln, wann was geliefert wird.“ Von tonnenschweren Teilen für die Tribüne bis zu den Kabelbindern: „Es wäre nicht ideal, würden alle LKW zugleich liefern, denn – wie jeder weiß – gibt es in Kitzbühel generell nicht so viele Parkplätze“, sagt er schmunzelnd.
Im November 2022 stieß er zum Kitzbüheler Ski Club: „Beim Rennen 2023 war ich an der Seite von Mandi Goller eher Zuschauer und habe versucht, viele Informationen aufzusaugen. Die Feuertaufe für meinen Job sind die heurigen Rennen.“ Bislang ist er mit den Abläufen zufrieden: „Es wirkt alles noch ein wenig surreal, aber es läuft gut und es taugt mir. Die Herausforderungen sind sehr umfangreich, aber unlösbar ist nichts“, sagt er, ehe sein Handy klingelt und wieder jemand einen Wunsch äußert. Immerhin hat er mittlerweile nicht nur dank seiner digitalen und physischen Listen (Post-its) alles im Überblick, sondern bezog auch sein kleines Headquarter im Zielhaus Red Bull. Von da sieht er seine Bildschirme sowie die Zielräume von Streif und Ganslern.
Als neuer Infrastrukturchef ist der 38-Jährige prädestiniert: Joachim ist gelernter Elektriker und Veranstaltungstechniker, er arbeitete in der Eventbranche, bei der Bergrettung und als Betriebselektriker bei der Bergbahn Kitzbühel. Erfahrung bei Großereignissen sammelte er u.a beim Moto GP, dem Red Bull Air Race oder bei den Olympischen Spielen in Südkorea. Auch mental fühlt er sich der vielfältigen und fordernden Aufgabe gewachsen: „Ich bin belastungsfähig, lösungsorientiert und kein Choleriker. Eine dicke Haut habe ich auch und die ist unbedingt notwendig.“
23 Jahre lang übte sein Vorgänger Mandi Goller die Aufgabe aus. Wäre das auch für Joachim eine erstrebenswerte Zukunft? „Wenn ich darf, sehr gerne. Bislang taugt es mir unheimlich gut.“ Aber vorerst stehen die Rennen am Wochenende im Fokus – und natürlich der Abbau der gesamten Infrastruktur. Wann sind die 84. Hahnenkamm-Rennen für ihn abgeschlossen? „Mein Job ist vorbei, wenn der letzte LKW vom Parkplatz weggefahren, das letzte Paket weggeräumt und das Gelände wieder seinem Eigentümer übergeben ist. Dann gehe ich ein Bierchen trinken. Oder zwei“, sagt Joachim Thünauer und widmet sich wieder seinem Handy. Es klingelt.
Foto © K.S.C./alpinguin