HKR 2019

„Ich war besessen von der Streif“ - Hahnenkamm-Champion Daron Rahlves im Interview

„Ich war besessen von der Streif“ - Hahnenkamm-Champion Daron Rahlves im Interview
25.01.2019

Abfahrtssieger 2003, Super-G-Sieger 2004: Daron Rahlves und die Streif – das ist eine besondere Liebesbeziehung. Der ehemalige Skirennfahrer aus den USA galt Anfang der 2000er als einer der besten Skirennfahrer im Weltcup. Besonders bei den Hahnenkamm-Rennen stellte das der heute 45-Jährige eindrucksvoll unter Beweis: Zwischen 2001 und 2006 landete Rahlves sieben Mal in Kitzbühel bei Abfahrt oder Super-G auf dem Podest - eine sensationelle Quote. Wir sprachen mit dem Weltmeister von 2001 (Super-G-Gold in St. Anton) über sein spezielles Verhältnis zum Hahnenkamm, wichtige Gewinnfaktoren für Kitzbühel und ein mögliches Skicross-Rennen auf der Streif.

Hallo Daron! Bald starten die 79. Hahnenkamm-Rennen. Wie fühlst du dich?

Rahlves: „Ich bin wirklich aufgeregt. Kitzbühel fühlt sich anders als jeder andere Ort, an dem ich bisher war. Alleine wenn man ankommt, kribbelt es in den Beinen und der ganze Körper zittert. Es ist das herausforderndste Rennen, das es im Weltcup gibt“

Hast du heuer schon die Chance gehabt, dir ein Bild von der Strecke zu machen?

Rahlves: „Nein, noch nicht. Aber ich habe mir die Europacup-Abfahrt ein bisschen angeschaut. Die Streif sieht heuer wirklich wieder herausfordernd aus. Ich habe mit dem US-Ski-Team gesprochen. Sie haben mir gesagt, dass es echt wieder ein schneller, lässiger Kurs ist“

Was macht die Streif in deinen Augen so besonders?

Rahlves: „Ich liebe den Aufbau der Strecke: Die ersten 35 Sekunden sind gleich anspruchsvoll. Der Steilhang ist entscheidend, den muss man richtig erwischen, um viel Geschwindigkeit mitzunehmen. Dann kommt die Gleitpassage, wo es etwas entspannter zugeht. Und dann nach der Hausbergkante musst du alles wagen, um möglichst weit oben bei der Querfahrt zu sein. Generell kommt man die Streif aber nie fehlerfrei runter. Du kannst hier keinen perfekten Lauf haben“

Würdest du heutzutage gerne noch die Abfahrt bestreiten?

Rahlves: „Mein Herz sagt ja, mein Kopf sagt nein. Ich war einmal noch nach meiner aktiven Karriere als Vorläufer dabei, aber das war wirklich nur eine lockere Fahrt. Als aktiver Rennfahrer hatte ich die Einstellung, alles zu riskieren und alles zu geben. Aber jetzt kann ich das nicht mehr machen. Ich habe früher so viel Herzblut in die Hahnenkamm-Rennen hineingesteckt. Ich habe den Kurs in der Endlosschleife durchgedacht - sogar im Schlaf. Jetzt kann ich mich einfach zurücklehnen und das Rennen genießen“

Wer ist dein Favorit auf den heurigen Abfahrtssieg?

Rahlves: Ich will einfach einen spannenden Wettbewerb sehen. Ich habe daher keine Favoriten. Natürlich wäre es schön, einen US-amerikanischen Rennläufer oben auf dem Podium zu sehen. Bryce Bennett macht zum Beispiel einen super Eindruck. Er weiß, wie er zur Abfahrt in Kitzbühel antreten muss. Auch Dominik Paris ist ein heißes Eisen, ein richtiger Cowboy. Er wäre bereit für den nächsten Sieg auf der Streif“

Du hast einmal die Abfahrt und einmal den Super-G gewonnen. Welcher Sieg hat dir mehr bedeutet?

Rahlves: „Die Abfahrt hat weniger Varianten als der Super-G. Der größte Erfolg war aber wahrscheinlich nicht einer der beiden Siege, sondern die sieben Podiums, die ich in fünf Jahren geschafft habe. Das macht mich stolz und war für mich ein geniales Gefühl“

Als doppelter Hahnenkamm-Champion musst du es ja wissen: Worauf kommt es auf der Streif an?

Rahlves: „Du musst natürlich wissen, wie du perfekt um die Kurven kommst oder wie du am schnellsten beschleunigst. Das Allerwichtigste ist allerdings, dass du ein großes Herz hast: Ich war besessen von der Streif. Ich war bereit, noch mehr Risiko einzugehen. Die besten Skirennfahrer sind die, die mental am stärksten sind. Ich zitiere da gern Hannes Reichelt, der einmal gesagt hat: „ Du musst bereit sein, die Killerlinie zu fahren. Das ist das beste Gefühl, dass du haben kannst: Die Gewissheit, dass du alles geben kannst“

Themenwechsel: Du warst ja nach deiner aktiven Zeit als Skirennfahrer auch noch als Ski-Crosser recht erfolgreich. Mit ein bisschen Augenzwinkern: Glaubst du wäre es irgendwann möglich, einen Skicross-Bewerb auf der Streif zu veranstalten?

Rahlves: „Man könnte schon einen Skicross-Kurs von der Alten Schneise bis zum Hausberg machen. Wenn da aber vier oder zwei Leute sind, die gleichzeitig vom Start in den Steilhang hinunterfahren, dann würden sie sich wohl alle gegenseitig aus dem Kurs werfen. Sollte der Veranstalter aber irgendwann planen, einen Skicross-Kurs von der Alten Schneise zum Oberhausberg zu veranstalten, dann können sie mich gerne anrufen (lacht).“

Foto © K.S.C.


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